Navigationspfad: Home » Foren
Foren
recht.de :: Thema anzeigen - Streik , Flug storniert, Schadensersatz
Forum Deutsches Recht
Foren-Archiv von www.recht.de
Achtung: Keine Schreibmöglichkeiten! Zu den aktiven Foren wählen Sie oben im Menü "Foren aus!
 
 SuchenSuchen 

Streik , Flug storniert, Schadensersatz

 
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    recht.de Foren-Übersicht -> Reiserecht
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.09.2004
Beiträge: 4985
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 07.03.08, 08:43    Titel: Streik , Flug storniert, Schadensersatz Antworten mit Zitat

Liebe Mitglieder,

es ist ein immer aktuelles Thema, hier auch schon oft behandelt. Trotzdem ist es immer wieder richtig mit Mißverständnissen aufzuräumen.

Fluggastrechte bei Annullierung, Nichtbeförderung oder Verspätung
Zitat:

Flugreisende in der Europäischen Union können seit dem 17. Februar 2005 weiterreichende Rechte gegenüber den Fluggesellschaften geltend machen. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 befasst sich mit drei Kategorien von inakzeptabler Beförderungsleistung: Nichtbeförderung, Annullierung und Verspätung. Je nach Schwere der Situation werden Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen erforderlich.

http://www.lba.de/cln_009/nn_57316/DE/Oeffentlichkeitsarbeit/Fluggaeste__Buerger/Passagierinformationen__Schutz__der__Fluggaeste.html

Zitat:
Passagiere haben Anspruch auf Schadenersatz, wenn ein Flug wegen eines Streiks gestrichen worden ist.

http://www.focus.de/reisen/urlaubstipps/reiserecht/airlines_aid_120480.html

Zitat:

Haben Sie Ihre Reise über einen Reiseveranstalter gebucht und/oder haben Sie auch gleichzeitig eine Unterkunft (Hotel, Appartement) oder eine andere Leistung (z.B. Transfer) dazugebucht?
Dann handelt es sich wahrscheinlich um eine Pauschalreise.

http://www.schlichtungsstelle-mobilitaet.org/ihre_rechte.html

Aktueller Fall:

Kunden haben Kreuzfahrt Karibik und Fluganreise über Mittler bei Veranstalter gebucht. Der Abflug von D kann aktuell wohl nicht termingerecht stattfinden.

Der renommierte Veranstalter kümmert sich um nichts und bezeichnet den derzeitigen Streik als "wilden Streik", damit als höhere Gewalt, und lehnt sich zurück. Eine Schadensminderung z.B. durch Bustranfer und Flug von alternativem europäischen Abflughafen wären nicht seine Aufgabe. Die Reiserücktrittsversicherung ist ebenfalls nicht zuständig. Bleibt die Kundengruppe auf Ihrer gebuchten Reise (Wert Kreuzfahrt + Flug ca. 15 T€) sitzen?
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.recht.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
mosaik
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 22.09.2004
Beiträge: 1055
Wohnort: Anif

BeitragVerfasst am: 07.03.08, 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Achim,

ich neige stark zur Ansicht, dass "deine" Reisegruppe lediglich Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises hat, aber keine weitergehende Ansprüche.

Ich begründe meine Auffassung mit:

1. es streikt ja kein Erfüllungsgehilfe (wäre in diesem Fall die Fluglinie bzw. sein Personal), sondern unabhängige Dritte, die in keinem Rechtsverhältnis zum Reiseveranstalter stehen;

2. ob eine Transportmöglichkeit von einem Flughafen außerhalb der Bundesrepublik möglich wäre, wäre im Einzelfall zu prüfen. Denn nehmen wir München: da läge Salzburg mit sehr mageren "Ersatzmöglichkeiten" in dreistündiger Entfernung. Aber Stuttgart - das sind schon vier oder fünf Stunden.

Hier greift meine Überlegung, inwieweit es sich bei solch einer "Abflugsverlegung mit Busanreise" nicht um eine "gravierende Leistungsänderung" mit kostenlosem Rücktrittsrecht handelt.

meint so für das Erste einmal
Peter
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
jaeckel
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.09.2004
Beiträge: 4985
Wohnort: Bad Nauheim

BeitragVerfasst am: 07.03.08, 18:43    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber mosaik,

danke!

Den "Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises" sieht der Veranstalter wohl bislang nicht.
_________________
Herzlichen Gruss
Ihr Achim Jäckel
www.recht.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
nce
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 13.09.2004
Beiträge: 963
Wohnort: Halle/Saale

BeitragVerfasst am: 08.03.08, 22:56    Titel: Antworten mit Zitat

Ich verstehe das schon richtig, dass der RV den Reisevertrag wg. höherer Gewalt gekündigt hat?

Ein paar Gedanken meinerseits dazu:

1. Was die Rückzahlung des Reisepreises betrifft, spricht das BGB doch eine erfreulich deutliche Sprache:

BGB §651j hat folgendes geschrieben::
Wird der Vertrag nach Absatz 1 gekündigt, so finden die Vorschriften des des § 651e Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 Anwendung.


und da steht:

BGB §651e hat folgendes geschrieben::
(3) Wird der Vertrag gekündigt, so verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann jedoch für die bereits erbrachten oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringenden Reiseleistungen eine nach § 638 Abs. 3 zu bemessende Entschädigung verlangen. ...
(4) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die infolge der Aufhebung des Vertrags notwendigen Maßnahmen zu treffen, insbesondere, falls der Vertrag die Rückbeförderung umfasste, den Reisenden zurückzubefördern. ...


2. Höhere Gewalt?

Es ist Wochenende, und ich bin schmerzlich getrennt von meiner Privatbibliothek Winken insofern ist die Frage noch spekulativ, aber: Ist ein Streik (von nicht-erfüllungsgehilflichem Personal) am Flughafen für einen Reiseveranstalter in jedem Fall und unbesehen höhere Gewalt?

IMHO kann man durchaus argumentieren, dass die Leistungspflicht eines RV, der aufgrund eines Reisevertrags zur Erbringung einer Beförderungsleistung verpflichtet ist, anders zu bewerten ist als die Leistungspflicht "bloß" aufgrund eines Beförderungsvertrags. Warum? Eine Airline haftet üblicherweise nicht für sog. Folgeschäden wie verpasste Traumschiffe - für den RV, der Flug und Kreuzfahrt aus ein und demselben Vertrag schuldet, sieht das doch ganz anders aus. Wenn die Erbringung einer Leistung, von der die gesamte Reise abhängt, gefährdet ist, sehe ich den RV aufgrund seiner besonderen Sorgfaltspflichten schon angehalten, alle zumutbaren Vorsorge- und Organisationsmaßnahmen zu treffen, um die Einhaltung des Reisevertrags insgesamt sicherzustellen. Sprich: bei einem spontanen, unangekündigten Streik wird in den allermeisten Fällen tatsächlich höhere Gewalt vorliegen - es ist dem RV wahrscheinlich nicht möglich, eine Ersatzbeförderung zu organisieren. Aber bei einem angekündigten Streik wäre der RV verpflichtet, Alternativen zu prüfen, die den Transport von A nach B immerhin auf eine solche Weise sicherstellen, dass die anschließenden Leistungen in Anspruch genommen werden können: der Reisende muss sein Schiff pünktlich erreichen. Nur wenn solche Maßnahmen nicht möglich oder für den Veranstalter mit einem nicht zumutbaren Aufwand verbunden sind, erst dann kann man doch eigentlich von höherer Gewalt sprechen.

Oder nochmal checklistenartig:

Höhere Gewalt im Sinne des § 651j BGB setzt voraus:

- das Ereignis muss "von außen" kommen, weder im Betrieb des VA liegen noch dem Reisenden zuzuschreiben sein: so ist es ja wohl, wenn Nicht-Erfüllungsgehilfen streiken,

- das Ereignis darf bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar gewesen sein: cum grano salis kann man ja bald davon ausgehen, dass gestreikt wird, aber das ist mehr eine Sache kräftigen, alltäglichen Stoßseufzens Winken

- das Ereignis muss die Reise erheblich erschweren, gefährden oder beeinträchtigen: und genau an diesem Punkt mag der Hase im Pfeffer liegen. Damit die Reise insgesamt eben nicht vereitelt wird, ist dem RV durchaus etwas Anstrengung zuzumuten, z.B. die Besorgung eines Ersatzfluges mit Transfer zum Ersatzflughafen, wenn das denn nicht unzumutbar teuer oder schwierig wird.

Fazit:

Die Grenze wäre die Zumutbarkeit für den RV - und davon würde unter Umständen abhängen, ob seine Kündigung wg. höherer Gewalt rechtmäßig war oder nicht. Liege ich mit meinem Gedankenspiel richtig, wäre das also ein Leistungsverzug mit allem, was zivilrechtlich dran hängt.

Spannende Frage! Smilie
_________________
"Der Verwender von AGB muss sich nicht genauer ausdrücken als der Gesetzgeber." (AG Ludwigsburg 4 C 2111/06)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
ralph12345
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 30.04.2007
Beiträge: 704
Wohnort: Hamburg

BeitragVerfasst am: 20.03.08, 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

Angenommen, es wäre höhere Gewalt.
Fällt damit über den Reisepreis hinausgehender Schadensersatz ins Wasser? Vermutlich ja.
Aber fällt damit auch der Anspruch auf Rückerstattung der Reisekosten flach? Die Leistung ist immerhin nicht erbracht worden, warum sollte man die bezahlen müssen?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
nce
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 13.09.2004
Beiträge: 963
Wohnort: Halle/Saale

BeitragVerfasst am: 20.03.08, 11:49    Titel: Antworten mit Zitat

Schadenersatzansprüche bestehen bei der Kündigung des Reisevertrages aufgrund von höherer Gewalt sowieso nicht - es wird lediglich derjenige Teil des Reisepreises zurückgezahlt, der sozusagen "übrig" bleibt, nachdem der Reiseveranstalter seinen Entschädigungsbetrag (s. o. §651e Abs. 3 BGB) abgezogen hat. Und sogar noch mehr: Die Kosten einer evtl. nötigen Rückbeförderung teilen sich Reisender und Reiseveranstalter, Mehrkosten für evtl. nötige zusätzliche Übernachtungen u. dgl. sind allein vom Reisenden zu tragen.

Bei einer Kündigung wg. höherer Gewalt geht man davon aus, dass sie im Interesse beider Seiten liegt, deshalb ist das so geregelt - dass das unter Umständen auch anders sein kann, zeigt das Beispiel dieses Threads.
_________________
"Der Verwender von AGB muss sich nicht genauer ausdrücken als der Gesetzgeber." (AG Ludwigsburg 4 C 2111/06)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
ralph12345
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 30.04.2007
Beiträge: 704
Wohnort: Hamburg

BeitragVerfasst am: 25.03.08, 09:16    Titel: Antworten mit Zitat

§651eAbs3:
Zitat:
Wird der Vertrag gekündigt, so verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis.
Er kann jedoch für die bereits erbrachten oder zur Beendigung der Reise noch zu erbringenden Reiseleistungen eine nach § 638 Abs. 3 zu bemessende Entschädigung verlangen. Dies gilt nicht, soweit diese Leistungen infolge der Aufhebung des Vertrags für den Reisenden kein Interesse haben

Was, wenn bis dahin keine Leistungen stattgefunden haben? Z.B. Der eine einzige Flug noch nicht mal stattgefunden hat, kein boarding, nichts...? Dann gibts in jedem Fall 100% zurück oder?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
nce
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 13.09.2004
Beiträge: 963
Wohnort: Halle/Saale

BeitragVerfasst am: 25.03.08, 10:15    Titel: Antworten mit Zitat

Dazu gibt es ein Urteil des BGH im sog. Tschernobyl-Fall (BGHZ 109,224), nach dem die Stornokosten, die einzelne Leistungsträger dem Reiseveranstalter berechnen, zwischen RV und Reisendem je zur Hälfte geteilt werden. Allerdings gab es in der Fachwelt zu diesem Urteil viel Schelte!
_________________
"Der Verwender von AGB muss sich nicht genauer ausdrücken als der Gesetzgeber." (AG Ludwigsburg 4 C 2111/06)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
mosaik
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 22.09.2004
Beiträge: 1055
Wohnort: Anif

BeitragVerfasst am: 25.03.08, 12:47    Titel: Antworten mit Zitat

Bei Vereitlung der Reise noch vor Antritt aufgrund von "echter" höherer Gewalt werden bereits angefallene Kosten, die der Reiseveranstalter nicht mehr zurück erstattet erhält (Gruppenvisakosten, geleistete uneinbringliche Anzahlungen u. ä.) je zur Hälfte mit dem Kunden geteilt.

Ich weiß, dass Urteile dazu strittig sind. Andererseits begründen die Richter ihre Entscheidungen in diese Richtung mit: das Risiko lag nicht nur einseitig beim Reiseanbieter, sondern wird als Risiko des täglichen Lebens angesehen.

Man vergleiche dazu auch Entscheidungen bei Abbruch einer Reise wegen höherer Gewalt (z. B. bei Hurrikans) - dort wird analog gehandelt - entschieden.

Meint
peter
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Beiträge vom vorherigen Thema anzeigen:   
Neuen Beitrag schreiben   Auf Beitrag antworten    recht.de Foren-Übersicht -> Reiserecht Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehen Sie zu:  
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group
©  Forum Deutsches Recht 1995-2019. Anbieter: Medizin Forum AG, Hochwaldstraße 18 , D-61231 Bad Nauheim , RB 2159, Amtsgericht Friedberg/Hessen, Tel. 03212 1129675, Fax. 03212 1129675, Mail info[at]recht.de.