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Wie kommt ein Streitwert/Gegenstandswert zustande?

 
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darph
Interessierter


Anmeldungsdatum: 12.01.2005
Beiträge: 15

BeitragVerfasst am: 28.03.05, 13:19    Titel: Wie kommt ein Streitwert/Gegenstandswert zustande? Antworten mit Zitat

Nachdem es ja nun scheinbar in Mode kommt, alles und jeden wegen den geringsten Vergehen abzumahnen, stellt sich mir die Frage, wie die teilweise horrenden Streitwerte zustande kommen.

www.0179.com - Eine private Website, die Tips und Tricks unter Anderem eben auch zum Mobilfunkbetreiber Viag Interkom bereit stellte, wurde 2000 abgemahnt - Streitwert 500.000 Mark.

Jörn Daberkow ließ sich den Begriff "Loop Session" markenrechtlich schützen und zog unter diesem Logo eine Website auf, die sich mit "Loops", kurzen Musikstücken beschäftigte. Er wurde von (Wortsperre: Firma) abgemahnt er verstoße gegen das Markenrecht, da die PrePaid Karten von (Wortsperre: Firma) ja nunmal "Loop" heißen. Streitwert 100.000 Euro.

www.ballz.de wurde abgemahnt, weil der Autor in seinen Flash-Filmchen ohne Genehmigung einen ca. 20-sekündigen Clip aus einem Lied, das von Sony vermarktet wird, verwendet hatte. Gegenstandswert 15.000 Euro.


Wie kommen solche Beträge zustande? Das klingt für mich ziemlich nach willkürlicher Auswahl...
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Michael A. Schaffrath
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 29.03.05, 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Im Markenrecht kommen da Fragen ins Spiel wie "wie groß ist der wirtschaftliche Schaden?". D.h. wieviel Schaden entsteht dem Markeninhaber dadurch, daß

* Dritte ihn unter seinem Markennamen nicht finden und woanders kaufen
* Dritte die Website des Betreibers mit dem Markeninhaber verwechseln und so ein negatives Image mit diesem verbinden
* Dritte bei dem Betreiber kaufen anstatt beim Markeninhaber

etc.

Dazu wird neben Erfahrungswerten auch einbezogen, wieviele Personen die Website aufgerufen haben bzw. potentiell aufgerufen haben (die Logs des Betreibers selbst werden da zur Entlastung nicht reichen, denn dann würde jeder Betreiber behaupten, er habe nur 3 Zugriffe gehabt).
_________________
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Biber: Nö, war nur M.A.S. Aber hier im Forum ist das schon ziemlich dicht dran.

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darph
Interessierter


Anmeldungsdatum: 12.01.2005
Beiträge: 15

BeitragVerfasst am: 30.03.05, 01:06    Titel: Antworten mit Zitat

Und das alles allein von Seiten der abmahnenden Partei?

Es gibt also folglich keine festgesetzten Regeln, die sagen einfach, so, jetzt geht es uns um so-und-so-viel, und darum können wir diese Menge an Anwaltskosten fordern.

Ich meine... nehmen wir das zweite Beispiel - zwei völlig unvergleichbare Sparten - Handy Pepaid Karten, die einfach "Loop" genannt wurde und kurze Sound-Loops (übrigens ein Fachbegriff). Der gesunde Menschenverstand zeigt doch ganz deutlich, daß es da zu keiner Verwechslung kommen kann, da es keinerlei Überschneidungen im Geschäft gibt.

Was soll da also 100.000 Euro wert sein?


Ich will jetzt nicht unbedingt eine Grundsatzdikussion über die Skurrilität des deutschen Markenrechts vom Zaun brechen, aber irgendwie klingt das für mich alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen...
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Michael A. Schaffrath
FDR-Mitglied
FDR-Mitglied


Anmeldungsdatum: 25.09.2004
Beiträge: 15339
Wohnort: Rom

BeitragVerfasst am: 30.03.05, 12:17    Titel: Antworten mit Zitat

> Es gibt also folglich keine festgesetzten Regeln, die sagen einfach, so, jetzt geht es uns um so-und-so-viel, und darum können wir diese Menge an Anwaltskosten fordern.

Es bleibt dem Abgemahnten ja unbenommen, den Streitwert anzuzweifeln.
Dann würde er lediglich die Unterlassungserklärung abgeben, die Kostenübernahmeerklärung hingegen streichen. Dann müßte die Gegenseite ihre Anwaltskosten gerichtlich betreiben, dabei würde der Streitwert dann ggfs. gutachterlich bestimmt.

Im übrigen können Sie *immer* klagen, auf was Sie wollen. Wenn Ihnen Ihr Nachbar die Hecke ruiniert, können Sie ihn auch auf 1 Million verklagen (Streitwert von Ihnen festgesetzt). Da Sie aber nicht so viel bekommen werden und folglich auf enormen Prozeßkosten sitzenbleiben, lohnt es sich in der Regel nicht, den Streitwert künstlich zu überhöhen.

> Handy Pepaid Karten, die einfach "Loop" genannt wurde und kurze Sound-Loops (übrigens ein Fachbegriff).

Ich kenne den konkreten Fall nicht. Eine Markenverletzung kann jedenfalls nicht schon dann gegeben sein, wenn ein Dritter lediglich denselben Begriff nutzt - dafür sind ja die Markenklassen geschaffen worden. Man müßte also die Umstände des Einzelfalls betrachten, um seriös zu beurteilen, ob hier eine tatsächliche Markenverletzung vorlag oder ob - was ab und an auch vorkommt - einfach nur "der Große gegen den Kleinen gewonnen" hat.
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BuGeHof
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 04.03.2005
Beiträge: 2086

BeitragVerfasst am: 30.03.05, 16:10    Titel: Re: Wie kommt ein Streitwert/Gegenstandswert zustande? Antworten mit Zitat

darph hat folgendes geschrieben::
Nachdem es ja nun scheinbar in Mode kommt, alles und jeden wegen den geringsten Vergehen abzumahnen, stellt sich mir die Frage, wie die teilweise horrenden Streitwerte zustande kommen.


Wenn ein Rechteinhaber im Zusammenhang mit einer außergerichlichen Auseinandersetzung mit genehmigungslosen Drittnutzern einen Anwalt beauftragt, dann entsteht mit dem Auftrag ein Vergütungsanspruch des Anwalts gegen den Auftraggeber. Dabei richtet sich die Höhe der Vergütung nach den gesetzlichen Gebühren, die nach dem Gegenstandswert der Tätigkeit festgelegt sind.

Wenn der Gegenstand der Anwaltstätigkeit die Durchsetzung einer Forderung ist, dann ist bei Zahlungsforderungen der Gegenstandswert die Höhe des geforderten Betrags.

Wenn der Rechteinhaber den anderen (gerichtlich) auf Unterlassung in Anspruch nehmen lassen könnte, dann wird als Wert des Gegenstands einer außergerichtlichen Tätigkeit derselbe Wert angesetzt, den Gerichte in der Vergangenheit als Streitwert bei Unterlassungsklagen angesetzt haben.

"Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.", § 3 ZPO.

Bei der Festsetzung des Werts bei einem Antrag an das Gericht, einen anderen für alle Zukunft zur Unterlassung einer genau bezeichneten Handlung zu verurteilen ( Unterlassungsklage), ist der wirtschaftliche Wert des Interesses daran maßgeblich, daß von den beanstandeten Handlungen keine Beeinträchtigung einer Rechtsposition mehr ausgehen.

Bei einem Marken-Ausschließlichkeitsrecht sollte der Wert dieses Interesses also davon abhängen, in welchem Maß der Markeninhaber aus der "Schwächung" der Eignung seines Unterscheidungszeichens wirtschaftliche Nachteile erleidet, d.h. aus der Beeinträchtigung seines Rechts, zu Zwecken der Unterscheidung seiner Waren von denen anderer Hersteller seine Waren mit der Marke zu kennzeichnen. Das wird vom Umfang seiner Markenzeichenbenutzung abhängen, aber auch von Art und Umfang der beanstandeten Handlungen.

Zitat:
www.0179.com - Eine private Website, die Tips und Tricks unter Anderem eben auch zum Mobilfunkbetreiber Viag Interkom bereit stellte, wurde 2000 abgemahnt - Streitwert 500.000 Mark.


Bemerkenswerterweise gab es gar keine Markenzeichenrechte, auf deren Grundlage im dortigen Fall ein Unterlassungsverlangen begründet gewesen wäre. Ansonsten wurde von Gerichten in Klagen auf zukünftige Unterlassung durch Inhaber einer (noch) nicht nachweislich benutzten Marke ein Streitwert von mindestens 25.000 Euro festgesetzt. Bei Unterlassungsklagen aus einer "wetlberühmten" Marke wird - unter Berücksichtung von der Größe des Rechteinhabers, des Umfangs der Umsätze unter der Marke, der Zeitdauer der Benutzung der Marke, der Bedeutung der Zuwiderhandlung ( Internet? Mündlich? Print? ) - ein Streitwert von mehreren 100.000 Euro anerkannt, z.B. vom BGH (für das Revisionsverfahren) festgesetzte Streitwerte:

Streitwert bezüglich des Rechts der SHELL AG, die Unterlassung jeder Verwendung der Bezeichnung "shell.de" als Domainnamen im Internet fordern zu können: 75.000 DM

Streiwert bezüglich des Rechts der SHELL AG, die Unterlassung der Verwendung einer gelb-rot-gestalteten Homepage und/oder Domain "shell.de" in der Werbung für Textverarbeitung, Übersetzungen, Recherchen, Printbeiträgen fordern zu können: 60.000 DM

mbG
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BuGeHof
FDR-Mitglied
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Anmeldungsdatum: 04.03.2005
Beiträge: 2086

BeitragVerfasst am: 30.03.05, 16:46    Titel: Antworten mit Zitat

darph hat folgendes geschrieben::
Ich meine... nehmen wir das zweite Beispiel - zwei völlig unvergleichbare Sparten - Handy Pepaid Karten, die einfach "Loop" genannt wurde und kurze Sound-Loops (übrigens ein Fachbegriff). Der gesunde Menschenverstand zeigt doch ganz deutlich, daß es da zu keiner Verwechslung kommen kann, da es keinerlei Überschneidungen im Geschäft gibt.


1. Wenn aus der Markeneintragung "Loop" heraus irgenwelche Unterlassungen gefordert werden, dann kann das zunächst bezüglich einer Benutzung für alle der eingetragenen Waren/Dienstleistungen geschehen. Ein Verbotsrecht müßte erst dann auf "Prepaid Karten" usw. beschränkt werden, wenn die Marke für sonstige der eingetragenen Waren/Dienstleistungen nicht nachweislich benutzt worden sein sollte, und wenn ein solcher Benutzungsnachweis verlangt wurde und erbacht werden müßte (für die zurückliegenden 5 Jahre, allerdings erst 5 Jahre nach Eintragung).

2. Die Benutzung der Angabe "Sound Loops" (als Bezeichnung der Eigenschaft der Tonaufzeichnung) könnte markenrechtlich nicht untersagt werden; ob die Benutzung von "Loop Sessions" zur Kennzeichnung von Waren, Dienstleistungen oder eines Unternehmens als "unlauter" angesehen werden dürfte (und deswegen nicht mehr unter die Verbotsschranke gegenüber der Drittbenutzung beschreibender Markenzeichen fiele), ist leider unklar.

3. Gegenüber identischen Nachahmungszeichen für Waren/Dienstleistungen, die mit den eingetragenen (und -soweit erforderlich- nachgewiesenermaßen benutzten) Waren/Dienstleistungen identisch sind, würde ein Verbotsrecht auch ohne Verwechslungsgefahr bestehen.

4. Eine Benutzung identisch/ähnlichen Zeichen für identisch/ähnliche Waren kann zwar erst beim Bestehen einer "Verwechslungsgefahr" verboten werden. Damit ist jedoch nicht (erst) die Gefahr tatsächlicher Verwechslungen gemeint, sondern die Befürchtung, daß in den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund der Ähnlichkeiten zwischen den Zeichen und den gekennzeichneten Waren der Eindruck aufkommen könnte, zwischen den Kennzeichenverwendern könnten organisatorische/wirtschaftliche Beziehungen bestehen.

mbG
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