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Anmeldungsdatum: 31.10.2005 Beiträge: 8443 Wohnort: Am Meer
Verfasst am: 13.02.07, 08:58 Titel:
Mir ist diese ganze Diskussion, besonders wenn sie von Politikern geführt wird, unverständlich.
Der § 57 a wurde durch das Zwanzigste Strafrechtsänderungsgesetz (20. StR- ÄndG) vom 8. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1329) in das Strafgesetzbuch - StGB - eingefügt. Mit ihrer Einführung hat der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Gebot entsprochen, dem rechtskräftig zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten eine konkrete und grundsätzlich auch realisierbare Chance zu erhalten, seine Freiheit zu einem späteren Zeitpunkt wiederzugewinnen (vgl. BVerfGE 45, 187 [245]; 64, 261 [272].
Den Paragrafen gibt es also schon über 25 Jahre.
Bei dieser Vorschrift kommt es m.W. weder auf eine "ehrliche Reue", eine "Entschuldigung bei den Opfern" oder eine weitere "Aufklärung von Straftaten" an.
Wenn dies nun - insbesondere von Politikern - kritisiert wird, müssen die sich fragen lassen, was sie denn bei der Schaffung dieses § bzw. in den letzten 25 Jahren unternommen haben, um diese Bedingungen dort zu verankern. Und wenn sie nichts unternommen haben, warum nicht. Und warum auch jetzt keine Änderungsbestrebungen in Gang sind.
Falls der Grund dafür ist, das es zweifelhaft ist, ob eine solche Ausgestaltung verfassungsrechtlichen Bestand hat, bedeutet dies, daß diese "moralischen Forderungen" verfassungswidrig sind. Deren Einführung würde dann eine andere Rechtsordnung bedingen.
Oder aber die Politiker sind mit der bestehenden Regelung einverstanden. Dann ist aber ihr Hinweis auf die Moral nichts weiter als populistisches Geschwätz.
Edit: Und warum nun ausgerechnet um die Mohnhaupt so ein bohei gemacht wird, ist mir auch nicht klar. Die meisten Terroristen sind, soweit sie noch gelebt haben, längst entlassen --> www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,465941,00.html _________________ Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muß zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen. (Goethe, Maximen und Reflexionen).
無爲 / 无为
Zuletzt bearbeitet von Redfox am 13.02.07, 10:05, insgesamt 1-mal bearbeitet
Oder um es noch deutlicher zu sagen: Sofern keine Gefahr mehr vom Täter ausgeht, bedeutet die lebenslange Freiheitsstrafe ohne Perspektive des § 57a einen massiven Verstoß gegen die Menschenwürde. Damit wird der Mörder in letzter Konsequenz nicht mehr als Mensch behandelt, sondern als Mittel für Abschreckung und Rache instrumentalisiert. Die Mittel-Zweck-Relation ist dann erheblich verletzt. _________________ „Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
Oder aber die Politiker sind mit der bestehenden Regelung einverstanden. Dann ist aber ihr Hinweis auf die Moral nichts weiter als populistisches Geschwätz.
>Wie heißt es so schön, nach der Wahl ist vor der Wahl<, nun wie auch immer,
schließe mich inhaltlich den Kommentaren an, welche die Entlassung auf Grundlage der Prinzipien des Rechtsstaates, es wird nach dem Gesetz entschieden, befürworten, und
sich gegen eine Entscheidung auf Basis pseudomoralischer Werte aussprechen. _________________ Beiträge erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit,
zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie den Anwalt ihres Vertrauens.
Und falls wir uns nicht mehr sehen, guten Tag, guten Abend und gute Nacht!
Ich dachte wir sind alle Amerikaner? Gilt das auch für Frau Hogefeld und Herrn Klar? _________________ „Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
Damals, als ich noch ein kleiner Bub war, konnte ich mit den Medienberichten über die RAF gar nicht viel anfangen. Es war aber zu beobachten, dass viele Erwachsene diese Berichte ziemlich Emotionslos - wenn nicht gar mit verborgener Zustimmung für die RAF - zur Kenntnis genommen hatten. Später stellte ich mir unweigerlich die Frage: Wer war es überhaupt, die durch die RAF getötet wurden? Waren es Philantropen, Naturschützer, Hilfebedürftige, Frauen oder Kinder? Vor dem Gesetz waren es Menschen wie "Du und ich". Darf man RAF-Mitglieder (Mörder) mit anderen Mördern vergleichen, z.B. mit Frauenmördern oder Kindermördern? Und darf man eine wesentlich größere Verachtung für Frauen- u. Kindermörder hegen als gegen Raf-Mitglieder? Wieviel Frauen- u. Kindermörder oder andere aus Habsucht u. Gier zu Mördern Gewordene, sind schon nach zwölf Jahren oder früher aus dem Gefängnis entlassen worden? Vielleicht hatte sich die RAF einfach nur die "Falschen" ausgesucht, um später in den Genuß einer Begnadigung kommen zu können? Bei unschuldigen Kindern u. Frauen wäre es sicher leichter gewesen, nach vielleicht schon 12 Jahren aus der Haft entlassen werden zu können?! Und dafür hätte es nicht einmal eines Köhlers bedürft, oder?
Anmeldungsdatum: 09.05.2006 Beiträge: 2207 Wohnort: Berlin
Verfasst am: 08.05.07, 11:07 Titel:
Knausebrecht hat folgendes geschrieben::
Bei unschuldigen Kindern u. Frauen wäre es sicher leichter gewesen, nach vielleicht schon 12 Jahren aus der Haft entlassen werden zu können?! Und dafür hätte es nicht einmal eines Köhlers bedürft, oder?
Mir fällt es schwer Ihren Beitrag einzuordnen, aber in welcher Hinsicht waren denn die Opfer der RAF schuldig ? _________________ ausgezeichnet
Der Vergleich hinkt, insbesondere da es sich bei den Taten Klars u. A. um mehrfachen gemeinschaftlichen Mord handelt. Da ist schon ein deutlicher Unterschied zu jemandem, der seine Frau erschlägt. _________________ „Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
Raskolnikow, oder wie? Um den großen humanistischen Bogen zur juristischen Pflichtlektüre zu schlagen: Auch vor diesem Hintergrund lohnt es sich Dostojewskijs "Schuld und Sühne" mal wieder zu lesen. _________________ „Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
Bei unschuldigen Kindern u. Frauen wäre es sicher leichter gewesen, nach vielleicht schon 12 Jahren aus der Haft entlassen werden zu können?! Und dafür hätte es nicht einmal eines Köhlers bedürft, oder?
Mir fällt es schwer Ihren Beitrag einzuordnen, aber in welcher Hinsicht waren denn die Opfer der RAF schuldig ?
Ich habe nichts behauptet, sondern nur Fragen gestellt. Im Gegenzug haben auch Sie eine Frage gestellt.
"...waren denn die RAF-Opfer schuldig?"
Ob beispielsweise ein Ackermann, ein Sommer, ein Hartz oder Esser schuldig sind oder waren, haben die zuständigen Gerichte bereits weitestgehend verneint bzw. mit diversen Bußgeldchen abgetan. Dies schließt jedoch eine erhebliche moralische und ethische Schuld gegen Mensch oder Natur nicht zwingend aus. Wer beispielsweise mit behördlicher Genehmigung einen immensen Schaden gegen die Umwelt anrichtet und in Naturschutzgebieten Flächenversiegelungen betreibt, um dort gewinnbringend Gewerbeimmobilien zu verhökern, der ist rechtlich gesehen kein Umweltzerstörer und somit unschuldig. Versuchen aber die Bürger dieses umweltzerstörerische Vorgehen zu verhindern, machen sie sich ziemlich schnell schuldig (rechtlich betrachtet). Wenn tausende Arbeitnehmer aus Gründen der Gewinnmaximierung von "arbeitnehmerfeindlichen" Vorständen aus Konzernen entlassen und in die Hartz 4-Armut gepresst werden, so sind die Vorstände, rechtlich betrachtet, absolut sauber (unschuldig). Aus der Sicht eines demokratischen Gemeinwohlempfindens und den daraus resultierenden Verpflichtungen, die Vorstandsbosse ihren Mitarbeitern (Kollegen) gegenüber haben, sind sie Schuldig. Schuldig, willkürlich erhebliches Leid und Schaden gegen das Allgemeinwohl sowie gegen viele einzelne Menschen verübt zu haben.
Ich nehme selbstverständlich, rein vorsorglich, sämtliche RAF-Opfer aus jeglicher Schuld heraus. Und dennoch, man wird generell Fragen stellen und darüber hinaus die Legitimität unseres Rechtsstaates in Frage stellen dürfen.
ANARCHIE !!!
Das könnte, wenn weiterhin so sachlich diskutiert wird allerdings eine spannende, eben weil auch immer grenzwertige Diskussion werden.
Ich werfe hierzu mal etwas von wikipedia zu Raskolnikows Ideologie in den Ring:
"Raskolnikow ist eine Figur, die anfangs ihre Ideen und Vorstellungen vom Sein und der Welt über die Wirklichkeit selbst stellt. Von seinem eigenen Genie überzeugt, veröffentlicht er in einer Literaturzeitschrift einen Artikel, in dem er den außergewöhnlichen Menschen Rechte über die gewöhnlichen Menschen einräumt. Seine These gipfelt in der Behauptung, außergewöhnliche Menschen hätten das Recht und die moralische Pflicht, die gewöhnlichen Menschen zu ihren höheren Zwecken zu gebrauchen.
Raskolnikow verwirft die Welt, da sie ihm unvollkommen erscheint. Erst durch sein ideelles Scheitern aufgrund seines Gewissenskonfliktes ist er fähig, einen unvoreingenommenen Blick auf die Wirklichkeit zu werfen und sie als das zu entdecken, was sie ist: komplexer, reicher und vollkommener als seine Ideale. Er erkennt in ihr demütig das Wirken Gottes."
Die zentrale Frage ist doch, inwieweit gegebenenfalls ethisch gerechtfertigte Positionen an sich unstreitig verbrecherisches Handeln überhaupt rechtfertigen könnten. _________________ „Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
Bei unschuldigen Kindern u. Frauen wäre es sicher leichter gewesen, nach vielleicht schon 12 Jahren aus der Haft entlassen werden zu können?! Und dafür hätte es nicht einmal eines Köhlers bedürft, oder?
Dazu zitiere ich einen Beitrag von Wintermute* in einem anderen Thread:
Zitat:
Tatsächlich denken sehr viele Leute z.B. auch, dass man auch bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe bei "guter Führung" sowieso nach 5 oder 7 Jahren wieder raus kommt.
Dass da unter 15 Jahren gar nichts geht, wissen schon mal die allermeisten gar nicht.
Dazu darf ich ergänzen, dass der Durchschnitt bei 18 Jahren liegt. Und bei Serienkillern, die ihre Opfer per Genickschuss hingerichtet haben, darf es nunmal auch ein bißchen mehr sein.
Die zentrale Frage ist doch, inwieweit gegebenenfalls ethisch gerechtfertigte Positionen an sich unstreitig verbrecherisches Handeln überhaupt rechtfertigen könnten.
Wenn viele tausend Menschen, quasi stellvertretend für die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung eines Staates, für den Erhalt eines großen ökologisch wertvollen Gebietes demonstrieren und sogar bereit sind, für den Erhalt dieses Gebietes unter dem Einsatz ihres leiblichen Wohles zu kämpfen, so hat dies absolut nichts mit Anarchie zu tun. Anarchie und schlimmeres wäre eher das Verhalten der Gewaltmonopolisten (Exekutive), die mit Gewalt gegen die demonstrierenden Menschen vorgehen, um den ökologischen Zerstörungsprozess, gegen den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung, zu bewirken. Wenn vorsorglich nicht mehrheitsfähige Gesetze so definiert werden, dass das Vorgehen der Gewaltmonopolisten legitim wird, dann schließt das keinesfalls aus, dass die Gewaltmonopolisten, in der Ausübung ihres Aktes, willkürlich und verbrecherich handeln. Die großen politischen Entscheidungen der letzten Jahre: Hartz 4, Abschaffung der DM, EU-Beitragszahlungen, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Tornados u.s.w. waren allesamt, innerhalb der Bevölkerung, nicht annähernd mehrheitsfähig. Selbst in einer parlamentarischen Demokratie muss in der Summe der politischen Entscheidungen die Mehrheitsfähigkeit innerhalb der Bevölkerung gegeben sein. Ist diese Mehrheitsfähigkeit regelmäßig nicht gegeben, handelt es sich faktisch um einen Willkürstaat in dem der Begriff Demokratie seine Legitimität verliert.
Jedenfalls würde ich einem Christian Klar, im Gegensatz zu einem Serienkiller, Vergewaltiger, Kindermörder, Sommer, Hartz oder Ackermann, durchaus Obdach gewähren.
Da bin ich jetzt ja mal gespannt, wie schnell das eigentliche RAF-Thema außer Sichtweise gerät.
@Knausebrecht:
Ich teile zwar Ihre Meinung, dass viele dervon Ihnen angeführten Richtungsentscheidungen nach wie vor umstritten sind. Dass diese durch die Bank nicht mehrheitsfähig sind ist aber falsch. Der fehlende große Konsens in zeitlicher Nähe zu solchen Entscheidungen ist (blickt man z. B. auf Brandt´s Ostpolitik) auch politisch nichts Neues. Ob diese Entscheidungen (wie z. B. die "Hartz-Gesetze") trotz vielleicht fehlender Akzeptanz nicht dennoch richtige Führungsentscheidungen sind ist etwas anderes. Ein "Die Rente ist sicher"-Chor der Minnesänger von Blüm bis Lafontaine erzeugt beim Stimmvieh vielleicht mehr Sicherheitsgefühl, aber das ist ja nicht alles...
M. E. ist insgesamt das Interesse an einer vital funktionierenden Demokratie relativ hoch, gerade auch dort wo Bürger z. B. durch plebiszitäre Elemente aktiv mitgestalten können.
@Ivanhoe:
Auch wenn ich trotzdem immer noch wählen gehe denke ich oft genug nur noch darüber nach, welche der Parteien und Politiker aus meiner Sicht am wenigstens falsch machen, wenn ich sie wähle...
Demokratisches Gedankengut jenseits der BRD, der RAF und der UdSSR ist m. E. auf jeden Fall denkbar, auch wenn dies heutzutage als verwirrte Spinnereit gilt.
Weswegen durch all das Verbrechen gerechtfertigt werden könnten sehe ich bislang indes nicht. _________________ „Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“ (Luis B.)
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